Die Neubearbeitung des Romans "Schnittmuster" in 2 Bänden. hier der Band 1 (veränderter Stil und teilweise Inhalt, aber immer noch anhand von Kleidungsstücken). Überall erhältlich und bestellbar, in der Lieblingsbuchhandlung und im Internet.
Probekapitel:
Die amerikanischen Nylonblusen
Der Postbote hat ein großes Paket gebracht, von den Verwandten aus Nordamerika, aus Minneapolis. Mutter und Tante Mathilde sind dabei, es auszupacken.
„Kathrin“,
ruft Tante Mathilde, „schau mal, hier ist was für dich!“
Kathrin
lugt neugierig um die Ecke. „Für mich? Was ist es denn?“
Mutter
hält eine hellblaue Bluse hoch. „Die könnte dir doch passen.“
Hellblauer,
weicher, schmiegsamer Nylonstoff mit Biesen, abgesteppten Minifalten,
am Vorderteil, und einem Bubikragen. Kathrin läuft in ihr Zimmer,
schlüpft in die Bluse und schaut sich prüfend im Spiegel an. Nicht
schlecht, denkt sie und nickt dem Spiegelbild zu.
„Zeig
dich mal!“, rufen die Damen. „Oh, die steht dir aber gut,
besonders zu deinen schwarzen Haaren. Hübsch ist sie, mit den
Biesen!“
Mutter
und Tante Mathilde vertiefen sich in die anderen Kleidungsstücke.
„Oh, schaut mal!“, ruft Mutter und zieht ein großes Oberteil aus
dem Paket.
Es
ist ein eleganter Umhang, bis über die Taille, ganz aus feinem Pelz.
„Das
ist ja ganz was Besonderes, Lilli, den musst du ins Theater anziehen,
in die Oper, da gehört der hin.“, schlägt Tante Mathilde vor.
Mutter
steht verzückt vor dem Spiegel und kann es gar nicht fassen. Der
Pelz ist glatt und langhaarig und schimmert seidig. Sie liest den
beiliegenden Brief.
„Das
ist Skunk, Stinktier!“ Ihr Ton schwankt zwischen Bewunderung und
Erstaunen. „Wie schade, dass Anton nicht mit ins Theater geht, er
liebt die Oper doch genauso wie ich.“
Sie
schaut bekümmert drein.
„Dann
gehst du eben mit deiner Freundin Charlotte“, entscheidet Tante
Mathilde. „So kannst du dich auf jeden Fall sehen lassen!“
Sie
kramt weiter im Karton. „Schau mal, Kathrin, hier ist noch mal die
gleiche Bluse in rosa!“
Kathrin
ist ganz versunken in die Bewunderung ihrer schönen Mutter in der
Pelzjacke. Darin sieht sie ihrer Cousine, der Opernsängerin Anna
Dura, so ähnlich.
Darauf
ist Mutter schon angesprochen worden. „Sind Sie mit Anna Dura
verwandt?“
„Das
ist meine Cousine“, antwortet Mutter dann und errötet ein wenig.
Wenn
Mutter mal ausgegangen ist, früher noch mit Vater, hat Kathrin sie
bewundert in ihren schönen Kleidern, die auf Figur geschneidert
waren, in Schwarz und Lila. Heute geht Mutter nur noch selten in
Abendgarderobe aus. Vater möchte nicht ausgehen, es ist ihm zu
mühsam mit Stock und Holzbein.
Aber
er ermuntert Mutter ein Theaterabonnement zu buchen.
Kathrin
wird von ihrem Spiegelbild erinnert, dass die rosa Bluse auch ganz
hübsch aussieht. Das Spiegelbild freut sich und Kathrin steckt die
Bluse in den Rock. „So was könnte ich gar nicht nähen,“ gesteht
sie dem Spiegelbild.
Am
Samstagabend ist Kathrin zu einer Party bei dem Sohn von Café
Leysieffer eingeladen. In der Wohnung seiner Eltern gibt es eine Bar
mit Barhockern. Kathrin hat ihr hellblaues Kleid angezogen und
fremdelt ein bisschen. Ein großer junger Mann mit rotblonden Locken,
einer eng sitzenden hellen Hose und einem offenen weißen Hemd setzt
sich neben sie. Kein Spiegelbild weit und breit zu sehen. Der junge
Gott nimmt sie kaum zur Kenntnis.
„Nicht
mal ein Blick?“, fragt sie sich enttäuscht.
Das
schreit nach Rache. Vor Schreck wirft Kathrin ihr Colaglas um, an das
sie sich gerade noch klammern wollte.
Der
junge Gott springt auf und versucht, die Cola von seiner Hose zu
wischen. Dann verschwindet er auf die Toilette. Zumindest hat er sie
jetzt bemerkt, denkt Kathrin, und als er zurückkommt, bietet sie ihm
an, die Reinigung zu bezahlen. Er winkt großzügig ab. Nun ist aber
das Eis gebrochen, sie unterhalten sich und scherzen miteinander.
Einen
kleinen Moment blitzt etwas auf, und als Kathrin wieder bei sich ist,
sieht sie ihr Spiegelbild, als Cupido verkleidet, in der Ecke sitzen,
den gespannten Bogen direkt auf sie gerichtet. Im nächsten
Augenblick ist der Pfeil verschwunden.
Buchillustration: Fotos: Charlotte March, genehmigt von Prof. Dr. H. Falckenberg
Minimode |
Das Abikleid |
Der lila Mantel |
Rückmeldungen zur ersten Ausgabe "Schnittmuster" (vergriffen, noch als e book erhältlich) hier und weitere Rezensionen hier
Herzlichen Glückwunsch zur Neuauflage. Die kleine Modestrecke ist traumhaft schön. Diese Modelle hätte ich selbst gern in meinem Kleiderschrank.
AntwortenLöschenLG Susanne
Danke, Susanne!
Löschenso schöne modelle! ich bin voll und ganz susannes meinung - die hätt' ich alle auch gerne :-)
AntwortenLöschenlg anja
Hallo Anna, ich lese ja gerade die "alte"Auflage. Sie gefällt mir sehr gut. Merke, dass ich gar nicht so schnell lesen kann wie sonst, weil bei mir selber so viel Erinnerungen dadurch hochkommen. Die Idee ein Leben zu beschreiben anhand von Kleidungsstücken finde ich genial.
AntwortenLöschenLG karin
Danke, das freut mich! Das ist ein schöner Effekt, wenn das Lesen die eigene Erinnerung anregt. Lieben Gruß Anna
AntwortenLöschenCool. Gibts das auch als Ebook?
AntwortenLöschenJa, das gibt es, bei amazon,
Löschenhttp://www.amazon.de/Kleidertanz-Von-Rolle-Bd-1-ebook/dp/B00GJ3SQ5S/ref=sr_1_1_bnp_1_kin?s=books&ie=UTF8&qid=1384893307&sr=1-1&keywords=Kleidertanz
lG Anna